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Das Bauhandwerkerpfandrecht im Allgemeinen

  • Autorenbild: Nievergelt & Stoehr
    Nievergelt & Stoehr
  • 4. Apr.
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 4. Apr.

In der Schweiz haben Handwerker und Unternehmer (gemeinsam: Bauhandwerker), die auf einem fremden Grundstück arbeiten, die Möglichkeit, ein Bauhandwerkerpfandrecht einzutragen, um ihre Forderungen abzusichern. In erster Linie geht es darum, den Bauhandwerker, welcher durch seine Arbeit zu einer Werterhaltung oder Wertvermehrung des Grundstückes bzw. der sich darauf befindenden Liegenschaft beigetragen hat, für seine Werklohnforderung zu schützen. Indem der Bauhandwerker sein Material in das Grundstück bzw. in die sich darauf befindende Liegenschaft einbaut, geht dessen (Teil-)Werk in das Eigentum des Grundeigentümers über (Akzessionsprinzip). Wenn nun die Werklohnforderung des Handwerkers nicht beglichen wird, so hat er keine Möglichkeit mehr, sein (Teil-)Werk wieder zu entfernen. Für solche Fälle sieht das Gesetz die Möglichkeit der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts vor. Dies hat zur Folge, dass wenn der Schuldner die Werklohnforderung nicht bezahlt, der Bauhandwerker die Möglichkeit hat, die Verwertung des Bauhandwerkerpfandrechts zu verlangen, wodurch das Grundstück letztlich versteigert wird, und (ein Teil) des Versteigerungserlöses zur Befriedigung der Werklohnforderung des Bauhandwerkers dient.

Das Pfandrecht besteht unabhängig davon, ob der Handwerker den Grundeigentümer selbst oder eine Drittperson wie einen anderen Handwerker oder Unternehmer, einen Mieter oder eine andere am Grundstück berechtigte Person zum Schuldner für seine Werklohnforderung hat.


Welche Arbeiten sind pfandberechtigt – und welche nicht?


Das Bauhandwerkerpfandrecht schützt Handwerker und Unternehmer, die durch ihre Arbeit und | oder Materialeinsatz zu Neubauten, Umbauten oder anderen Bauvorhaben auf einem Grundstück beitragen. «Unter Arbeit ist jedes manuelle oder maschinelle Mitwirken am Bauvorgang […] zu verstehen.[1] Seit dem 1. Januar 2012 umfasst das Gesetz auch explizit Abbrucharbeiten sowie Arbeiten zum Gerüstbau und zur Sicherung von Baugruben als pfandberechtigte Tätigkeiten. Der blosse Händler von Baumaterial wie beispielsweise Ziegel, Sand, Zement, Backsteine etc. ist nicht baupfandberechtigt, denn seine geleistete Arbeit ist nicht objektspezifisch.[2] Unter «objektspezifisch» wird die auf das konkrete Bauwerk bezogene und diesem individuell angepasste Bauarbeit verstanden.[3] Nach ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung und herrschender Lehre besteht ebenfalls keine Pfandberechtigung für rein intellektuelle Arbeitsleistungen, die im Hinblick auf die Überbauung eines Grundstücks erbracht werden. Insbesondere trifft dies auf Architekten, Ingenieure, Notare, etc. zu.[4]


Was der Bauhandwerker beachten muss


Der Bauhandwerker kann mit der Eintragung des Grundpfandrechts nicht beliebig lange zuwarten. Gemäss Art. 839 Abs. 2 ZGB hat die Eintragung innerhalb der Frist von vier Monaten seit Vollendung der Arbeit zu erfolgen.

Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt die Arbeit als vollendet, «wenn alle Verrichtungen, die Gegenstand des Werkvertrages bilden, ausgeführt sind […].»[5] Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben sich insbesondere in Bezug auf nachträgliche Ausbesserungsarbeiten, welche von den Bauhandwerkern nach offiziellem Abschluss der Bauarbeiten vorgenommen werden. Sofern diese Ausbesserungsarbeiten nur auf geringfügige Korrekturen abzielen (z.B. Aufräumarbeiten), verschiebt sich der Beginn des Fristenlaufs nicht nach hinten. Wenn jedoch geringfügige Arbeiten als unerlässlich gelten (z.B. Fertigstellung eines Kanalisations-anschlusses), sind sie als Vollendungsarbeiten zu qualifizieren und markieren den Beginn der viermonatigen Frist.

Bei der viermonatigen Frist handelt es ich um eine Verwirkungsfrist:[6] Diese Frist wird einzig durch Eintragung des Bauhandwerkerpfand-rechts im Tagebuch gewahrt (die spätere Eintragung im Hauptbuch wird auf den Zeitpunkt der Tagebucheintragung zurück-bezogen).

Der Handwerker ist folglich gut beraten, das Gesuch um vorsorgliche Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts vorzeitig beim Gericht einzureichen, um die Frist nicht zu verpassen. Bei komplexeren Fällen wie etwa bei Forderungen eines General- oder Totalunternehmers für Arbeiten, die auf mehreren Grundstücken gleichzeitig erbracht wurden, welche wiederum in Stockwerk-eigentum aufgeteilt sind, bedarf das Gesuch entsprechend umfassender Begründung, wofür ausreichend Zeit einzurechnen ist. Die rechtzeitige Beauftragung eines darauf spezialisierten Anwalts ist folglich von eminenter Bedeutung.

Heisst das Gericht das Gesuch um vorläufige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts gut, ist damit noch nicht abschliessend beurteilt, ob die Forderung tatsächlich berechtigt ist, Darüber wird erst im nachgelagerten Klage-verfahren um definitive Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts entschieden.[7] Dem Handwerker wird hierzu durch das Gericht eine angemessene Frist angesetzt.


Bauhandwerkerpfandrecht bei Stockwerkeigentum

 

Bauhandwerker haben grundsätzlich die Wahl, ob sie das Stammgrundstück oder quotenmässig die einzelnen Miteigentums-anteile belasten wollen. Sind jedoch die Miteigentumsanteile bereits mit Grundpfand-rechten oder Grundlasten belastet, kann das Stammgrundstück nicht mehr beansprucht werden.

Beschränken sich Bauleistungen auf Teile des Sonderrechts eines Stockwerkeigentümers, stehen diese im ausschliesslichen Interesse dieses Stockwerkeigentümers und tragen nur für diesen zu einer Wertsteigerung bei. Entsprechend ist nur das Sonderrecht des betreffenden Stockwerkeigentümers mit dem Bauhandwerkerpfandrecht zu belasten.

Erfolgten Bauleistungen ausschliesslich für ein einzelnes oder für einzelne Gebäude, ohne dass sich diese einem bestimmten Teil zugeordnet lassen (keine Arbeiten an Teilen im Sonderrecht), können diese gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung nur durch (quotenproportionaler) Belastung sämtlicher Anteile bzw. des Stammgrundstücks gesichert werden.[8]

Komplexer wird es, wenn Bauleistungen für mehrere Stockwerkanteile oder für gemeinschaftliche Teile und zugleich für Teile im Sonderrecht erbracht werden. Je nach Konstellation bedürfen die Bauleistungen einer exakten Zuordnung oder sind wertquoten-proportional aufzuteilen bzw. es bedarf der Kombination von beidem. Dies bedingt, dass die Leistungen vom Handwerker ausführlich und vollständig erfasst und im Gesuch um vorsorgliche Eintragung eines Bauhandwerker-pfandrechts ebenso detailliert wiedergegeben werden.



Für eine eingehende Beratung können Sie sich gerne an RA Ralf Voger oder RA Andrea-Franco Stöhr (beide Partner und Fachanwälte Bau- und Immobilienrecht, ralf.voger@nist-law.ch | andrea-franco.stoehr@nist-law.ch) wenden. Telefonisch erreichen Sie uns unter der Nummer 081 851 09 10.




[1] Vgl. Thurnherr Christoph, BSK ZGB, 7. Aufl. 2023, Art. 839/840 RZ 4.

[2] Vgl. Schumacher Rainer, Rey Pascal, Das Bauhandwerkerpfandrecht, System und Anwendung, 4. Aufl. 2021, RZ 226 ff.

[3] Ebd. RZ 255.

[4] Vgl. BGE 65 II 1; 119 II 426; Schumacher, Rey, RZ 244 f.

[5] Vgl. BGE 125 III 113 E. 2b.

[6] Vgl. Ebd.; Thurnherr Christoph, BSK ZGB, 7. Aufl. 2023, Art. 839/840 RZ 29.

[7] Wyrsch Roman, Bauhandwerkerpfandrecht: Abwehr der provisorischen oder superprovisorischen Eintragung, Bauhandwerkerpfandrechte: Abwehr der provisorischen oder superprovisorischen Eintragung, besucht am 28.2.25.

[8] Vgl. Thurnherr Christoph, Bauliche Massnahmen bei Mit- und Stockwerkeigentum, Analyse des Aussenverhältnisses, RZ 588 ff.; BGE 125 III 113 ff. E. 3a; BGE 111 II 31 ff. E. 4.

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