Interessanter Bundesgerichtsentscheid betreffend ein Verfahren im Kanton Graubünden
- Nievergelt & Stoehr

- 21. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Sept.
Im Urteil 1C_635/2024 (vom 14. August 2025) befasst sich das Bundesgericht mit der Frage, welchen Stellenwert verschiedene Gutachten beim Entscheid über die Bewilligungsfähigkeit eines Bauvorhabens in einem ISOS‑ und BLN‐Schutzobjekt haben. Das Bundesgericht bestätigt das vorinstanzliche Urteil des (ehemaligen) Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden R 2023 9 vom 1. Oktober 2024.
Sachverhalt:
Die A AG beantragte in Paspels (GR), Gemeinde Domleschg, eine Baubewilligung für ein Mehrfamilienhaus auf einer Parzelle, die in einem ISOS‑Objekt liegt. Nach Einsprache der Nachbarn gewährte die Baukommission die Bewilligung. Das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden hebte diese nach Einholung eines Amtsberichts der kantonalen Denkmalpflege auf, da das Bauvorhaben sich nicht harmonisch ins Ortsbild einfügte.
Rechtliche Erwägungen:
Die Vorinstanz ist verpflichtet, den Sachverhalt frei zu prüfen und das massgebende Recht von Amtes wegen anzuwenden (Art. 110 BGG).
Sie muss sich mit sämtlichen Beweismitteln und Vorbringen der Parteien auseinandersetzen; das Recht auf rechtliches Gehör verlangt, dass auch private Gutachten ernsthaft geprüft und nicht automatisch geringer gewichtet werden dürfen.
Liegen Zweifel an der Schlüssigkeit eines Gutachtens vor, so rechtfertigt dies die Einholung eines zusätzlichen, neutralen Amtsberichts.
Ein Amtsbericht darf nicht als Eingriff in die Gemeindeautonomie gewertet werden, wenn er sachgerecht eingesetzt wird zur Klärung wesentlicher Zweifel. Ebenso liegt kein Verstoss gegen das Willkürverbot vor, wenn aufgrund divergierender Gutachten eine genauere Abklärung erfolgt.
Ergebnis:
Die Beschwerde wird abgewiesen. Das Bundesgericht bestätigt damit den kantonalen Entscheid, dass die harmonische Einfügung nicht ausreichend gewährleistet ist. Insbesondere erhellt sich aus dem Urteil des Bundesgerichts, dass trotz Gemeindeautonomie in Einordnungsfragen die gerichtliche Beschwerdeinstanz nicht dispensiert ist, den Sachverhalt von Amtes wegen abzuklären und hierzu die erforderlichen Beweismittel (namentlich Amtsbericht) einzuholen. Dieses Ergebnis ist zu begrüssen, da andernfalls das gerichtliche Beschwerdeverfahren einem formellen Leerlauf gleichkommen würde.
Bei Fragen zur Einordnung bzw. allgemein zum Baubewilligungsverfahren steht Ihnen unser Baurechts-Team, geleitet von unseren Partnern RA Andrea-Franco Stoehr (andrea-franco.stoehr@nist-law.ch) und RA Ralf Voger (ralf.voger@nist-law.ch), gerne zur Verfügung.


